Leider konnte mich „Fly & Forget“ nicht so sehr von sich überzeugen, wie ich es erhofft hatte, allerdings wusste ich damals schon, dass ich nach wie vor gerne den Band um Mathilda und Anthony lesen möchte – vor allen Dingen, weil es dort um Kunst geht und mich der Klappentext direkt neugierig gemacht hat.
Und ich bin sehr froh sagen zu können, dass mir „Try & Trust“ viel viel besser, als sein Vorgänger gefallen hat! Der Schreibstil von Nena Tramountani enthält eine gewisse Intensität und eine Tiefe mit der er es schafft, die richtigen Gefühle während des Lesen zu übermitteln und einen somit emotional absolut zu erreichen. Sowas finde ich sehr wichtig und das ist etwas, worauf ich großen Wert lege, weil es einem dabei hilft, eine bessere Beziehung zu den Charakteren aufzubauen und gleichzeitig so tief in der Geschichte zu versinken, dass man die Realität während des Lesens für einen Augenblick ausblenden kann. Außerdem habe ich die Atmosphäre von London geliebt und mich direkt dorthin versetzt gefühlt – jetzt habe ich verdammt großes Fernweh!
Ich bin wirklich wunderbar leicht in die Geschichte hineingekommen und war gespannt darauf Mathilda begleiten zu können. Auf den ersten Blick hat sie auf mich einen ziemlich oberflächlichen und gleichgültigen Eindruck gemacht und es ist mir so erschienen, als würde sie das ganze Leben auf die leichte Schulter nehmen. Das Schlimme daran? Ich hatte keine Ahnung, wie falsch ich damit lag. Denn je näher man sie kennenlernt, desto klarer wird, dass das Bild, das sie nach außen hin gibt, mehr Schein als Sein ist. Sie ist innerlich nicht nur zerbrochen – sie ist leer, verloren und einsam. Was ich an ihr so bewundert habe? Jeder Tag mag zwar ein Kampf gegen ihre inneren Dämonen für sie sein, aber er ist auch eine neue Chance für sie. Mathilda ist eine Kämpferin, ein unglaublich sturer und dickköpfiger, aber dafür eben auch unwahrscheinlich starker Mensch. Ich konnte ihren Schmerz nachvollziehen, wieso sie nicht schnell vertraut und weshalb sie unbedingt möchte, dass Briony nicht weiter mit Anthony anbandelt.
Auch von Anthony bin ich positiv überrascht. Ich muss sagen, dass ich ihn eine Weile nur ganz schwer einschätzen konnte. Er ist ein sehr humorvoller und auf seine eigene Art und Weise auch charmanter Charakter, bei dem doch mehr hinter der Fassade steckt. Er ist ein unglaublich tiefsinniger, einfühlsamer und aufmerksamer Mensch, der seiner Leidenschaft nachgeht und dem die Kunst alles bedeutet.
Wenn mich jemand nach der Liebesgeschichte in diesem Buch fragen würde, dann würde ich vermutlich sagen, dass sie es gar nicht der Fokus von dem ist, das hier erzählt wird. Was hier erzählt wird, ist eher der Weg zur Liebesgeschichte hin. Die langsame Entwicklung bis hin zum Beginn der Liebesgeschichte. Man begleitet Mathilda und Anthony hier definitiv dabei, wie sie sich verlieben. In mitten alldem steht jedoch immer noch Briony, die Mathilda vor dem Leid beschützen möchte. Die Entwicklung von Mathildas und Anthonys Bindung ist ein steiniger Weg – ernst, manchmal traurig und oftmals kompliziert – aber trotzdem auch so sanft, intensiv, gefühlvoll und mit einigen wunderschönen und emotionalen Momenten. Hier wird erzählt, wie das Leben eben manchmal spielt – mit allen Höhen und Tiefen, die dazugehören. Es gibt keine plötzliche Wunderlösung für alle Probleme, sondern Menschen, die lernen, Probleme zu lösen, schwierige Situationen zu meistern, an ihnen zu wachsen und aus ihnen gestärkt hervorzugehen. Das Ende ist hier eigentlich gerade erst der Anfang der Liebesgeschichte.
Das Einzige in diesem Buch, das ich ein wenig zu kritisieren habe, ist das Ende. Das kam für mich nämlich ein etwas zu schnell – und es wurde mir auch etwas zu dramatisch. Ich hätte mir hier einfach gewünscht, noch etwas mehr von Mathilda und Anthony zu bekommen (vor allem zusammen) und sie noch ein Stück auf ihrem Weg begleiten zu können.
Ich bin wirklich froh, die Soho-Reihe nach dem 1. Band nicht aufgegeben, sondern ihr noch eine 2. Chance gegeben zu haben! Und wer weiß, vielleicht kommt das Beste dann ja tatsächlich zum Schluss.